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Rezept gegen E-Mail-Chaos

Archivieren statt ignorieren - E-Mails haben die geschäftliche Kommunikation grundlegend verändert.Täglich verschicken Anwender auf der ganzen Welt schätzungsweise 20 Milliarden elektronische Nachrichten. Die Schattenseite: In den Unternehmen laufen die Postfächer über. Das macht Anwendern, Administratoren und der Chefetage gleichermaßen zu schaffen.
E-Mail-Management schafft Abhilfe.

Schon wieder 100 E-Mails im Postfach, dabei war ich nur einen Tag weg!" Totale Informationsüberlastung: Ein Problem, das Vielen aus dem Berufsalltag bekannt sein dürfte. Einerseits ist die unschlagbar schnelle elektronische Post aus der heutigen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Andererseits wachsen die E-Mail-Massen den Unternehmen über den Kopf.

Wolfgang Erny, Nlanaging Director bei BASF IT Services, einem Unternehmen der BASF-Gruppe, kann ein Lied davon singen: „Es ist nicht nur die tägliche Nachrichtenflut, die zu einer immer massive- ren Verstopfung der Eingangsbriefkästen' führt. Vor allem durch die Aufbewahrung der E-Mails stoßen die Messaging-Server zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen. Da heute umfangreiche PowerPoint-Dateien, Excel-Sheets, Bilder und sogar ganze Videoclips als Anhänge keine Seltenheit mehr sind, werden dafür erhebliche Speicherkapazitäten benötigt." Deshalb entschloss sich das Unternehmen zum Befreiungsschlag. 28 Millionen E-Mail-Dokumente, deren Datenmenge von rund 2700 Gigabyte einem Stapel mit 540 Spielfilm-DVDs entspricht, wurden im Rahmen einer koordinierten Aktion europaweit von den Messaging-Servern der BASF-Gruppe gelöscht. Im Vorfeld wurden alle Lotus-Notes-Anwender in Europa — das sind mehrere Zehntausend BASF-Mitarbeiter — über die neuen Funktionen ihrer Mailbox informiert. Anschließend konnten sie kennzeichnen, wie und wie lange sie ihre Dokumente im Lotus-Notes-System archivieren wollen.

2700 Gigabyte gelöscht

Die von BASF IT Services entwickelte Lösung umfasste drei Schritte: die Einführung neuer Archivierungs-Funktionen in der Mailbox, das Auslagern von E-Mail-Anhängen auf ein kostengünstigeres Speichermedium und das Löschen von überflüssigen E-Mail-Dokumenten. Der Kraftakt hat sich gelohnt: Das verbesserte E-Mail-Management ermöglicht nach Angaben des Chemiekonzerns eine monatliche Kosteneinsparung von insgesamt mehreren Hunderttausend Euro. Damit die neuen Funktionen tatsächlich genutzt werden, ist die aktive Mitarbeit der Anwender allerdings unerlässlich, betont Wolfgang Erny. „Die Basis dafür schafft eine verbindliche E-Mail-Management-Policy im Unternehmen, in deren Rahmen auch die Archivierung der Nachrichten entsprechend der Wichtigkeit der Informationen geregelt wird."

E-Mail-Check
Ein E-Mail-Audit, das speziell auf Unternehmen mit Lotus Domino Servern abgestimmt ist, bietet Group Technologies an. Damit lässt sich die aktuelle E-Mail-Kommunikation erfassen, analysieren und bewerten. Innerhalb weniger Tage erhalten Teilnehmer des Audits aussagekräftige Reports über ihre Situation in puncto Sicherheit und Effizienz von E-Mails und das daraus ableitbare Optimierungspotenzial, verspricht Group Technologies. Insbesondere dokumentiere das Audit, wie viele E-Mails welcher Art das Unternehmen durchlaufen, welche Ressourcen belastet oder verbraucht werden, an welchen Stellen der Verlust sensibler Daten droht und wo E-Mail-Richtlinien nicht eingehalten werden.

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In vielen Unternehmen sieht die Realität jedoch anders aus. So versucht der Administrator häufig, das Dilemma durch die Einführung von Postfachobergrenzen für die Anwender in den Griff zu bekommen. Diese Notlösung schafft aber mehr Probleme, als sie beseitigt. Denn nun müssen die Anwender - häufig unter Zeitdruck - E-Mails manuell löschen. Die Folge: Die Produktivität der Mitarbeiter sinkt, dadurch entstehen Kosten in beträchtlicher Höhe.

Die Einführung eines einheitlichen Ablagesystems für E-Mails bietet einen Ausweg aus dieser Zwickmühle. Mit der COI-Lösung BusinessArchive fiir MS Exchange oder für Lotus Notes beispielsweise kann der Mitarbeiter seine wichtigen E-Mail-Nachrichten automatisch archivieren. Er definiert, ob E-Mails einzeln oder mit Anhang, ab einer bestimmten Größe oder zu einem bestimmten Zeitpunkt archiviert werden sollen. Danach bleibt nur noch eine sogenannte Referenz im Mail-Programm zurück.

Ein kleines Symbol weist dann darauf hin, dass das Element bereits archiviert wurde. Der Mitarbeiter sieht diese Referenz jedoch weiterhin wie eine normale Nachricht. Sobald die E-Mail oder das enthaltene Attachment wieder benötigt wird, kann die Nachricht per Klick erneut geöffnet und in der gewohnten Ansicht bereitgestellt werden. Diese Lösung spart nicht nur Speicherplatz, argumentiert COI. Die abgelegten Informationen sind darüber hinaus zentral für jeden zugänglich.

Auch die E-Mail-Management-Lösung von Interwoven (diese unterstützt Microsoft Outlook, Novell Groupwise und neuerdings auch Lotus Notes) legt E-Mails und Dokumente nicht isoliert voneinander in unterschiedlichen Repositories ab. Mittels Metadaten wie Projektname, Datum, Betreff, Empfänger, Absender oder Kunde können sie automatisch miteinander verknüpft und so wieder gefunden werden. Indem E-Mails und Dokumente nicht mehr unkontrolliert in den Posträchern und Archiven der Mitarbeiter verschwinden, entsteht ein zentrales Verzeichnis über die gesamte Korrespondenz inklusive gescannter Dokumente zu einem Sachverhalt, verspricht Interwoven. Die Lösung - sie besteht aus einem E-Mail-Management-Modul und dem Interwoven WorkSite Communication Server - wird derzeit beispielsweise bei Freshfields Bruckhaus Deringer, einer der größten Anwaltskanzleien der Welt, implementiert.

Mit der Lösung HYPARCHIV MailArchive von GVF Technologies schließlich lassen sich flexible Archivierungsregeln einstellen aus Kriterien wie Alter, Größe oder Empfängerzahl der E-Mails. Bei der Archivierung von Attachments wird ein „ewiges" Single-Instance-Verfahren angewandt. Das bewirkt, dass von jedem Anhang nur ein Exemplar im Archiv vorgehalten wird, auch wenn bereits archivierte E-Mails noch einmal an neue Empfänger weitergeleitet werden.

Konsolidierung von Mail-Servern

Die zunehmende Kommunikation per E-Mail hat in den Unternehmen auch zu einer ausufernden Mail-Server-Infrastruktur geführt. Die Verwaltung dieser Systeme, regelmäßiges Backup oder Bedienung per Fernwartung gehören zum täglichen Geschäft des Administrators. Der Aufwand dafür steigt allerdings proportional zur Anzahl der eingesetzten Server - die Ausgaben für die Betreuung erreichen damit schnell große Ausmaße.

Zudem sind Leistungsschwächen oder Ausfallzeiten keine Seltenheit, die wirtschaftlichen Folgen oft schmerzhaft. Denn die elektronische Post ist in den meisten Unternehmen längst eine geschäftskritische Anwendung - der Ausfall des E-Mail-Dienstes wirkt sich also negativ auf die Prozesse aus und kann den wirtschaftlichen Erfolg unmittelbar beeinflussen.

Als kurzfristiges Bollwerk gegen die Informationsflut richten einzelne Abteilungen oder Arbeitsgruppen häufig ihre eigenen Dateiserver ein. Dies löst zwar die unmittelbaren Speicherprobleme, bedeutet aber gleichzeitig, dass die IT-Abteilungen den Überblick über die Standorte der unternehmensweit eingesetzten Server verlieren. Und das erschwert eine effektive Verwaltung.

Eine Lösung zur Konsolidierung der Mail-Server und Speicher bietet Fujitsu Siemens Computers an. Mit easyXchange kann neben der Kostenstruktur auch die Handhabung und Verfügbarkeit der Mail-Server verbessert werden, verspricht das Unternehmen. In einer konsolidierten Umgebung könnten Informationen effizient repliziert und zwischen unterschiedlichen Standorten kopiert oder verschoben werden. Zudem sei die Zentralisierung der Daten und der zugehörigen Managementfunktionen ein Beitrag zu einem verbesserten Risikomanagement. „Fujitsu Siemens selbst hat mit der Konsolidierung der Mailserver-Infrastruktur von 38 auf zwei Standorte rund 30 Prozent Kosteneinsparungen erzielt", berichtet Dieter Herzog, Executive Vice President Enterprise Products bei Fujitsu Siemens.

Achtung Paragraphen

Ein wichtiger Aspekt heim Speichern und Aufbewahren von E-Mails ist auch die Beachtung gesetzlicher Vorschriften. So müssen E-Mails, die rechtlich als Handelsoder Geschäftsbrief gelten, mindestens fünf Jahre archiviert werden. Nicht alle Mitarbeiter kennen diese Regelungen. Oft löschen sie E-Mails, die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten unterliegen oder die aus betrieblichen Gründen aufbewahrt werden müssten - mit möglicherweise schwerwiegenden Konsequenzen. Eine verlorene geschäftsrelevante E-Mail kann im Fall eines Rechtsstreits oder einer Finanzprüfung unter Umständen verheerende Auswirkungen haben. DennE-Mails sind elektronische Erklärungen und damit auch rechtsverbindlich und geschäftsrelevant. „Verstöße gegen die handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht können dann, wenn dadurch die Übersicht über den Vermögensstand des Unternehmens erschwert wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden", warnt Dr. jur. Jens Bücking, Lehrbeauftragter für „IT-Law" an der Hochschule für Technik in Stuttgart. „Wichtig sind ferner die Steuervorschriften über die Aufbewahrung elektronischer Geschäftsdokumente und Rechnungen. Besonderer Stellenwert kommt hier der Integrität der Daten und der Protokollierung der einzelnen Zugriffe auf archivierte elektronische Dokumente zu."

Kunde droht mit E-Mail

Nicht nur intern, sondern auch beim Kundenservice rächt sich eine fehlende E-Mail-Policy: Häufig erhalten Kunden erst nach Tagen eine Antwort auf ihre Anfrage, manchmal aber auch gar nicht. Dies führt zu Imageverlust und zu Absatzeinbußen. Darüber hinaus vergeht zu viel Zeit mit dem Identifizieren des Kundenproblems, der Suche nach einem passenden Bearbeiter und schließlich mit dem Erstellen einer Antwort. Das schlägt sich nicht zuletzt auf die Kosten nieder.

Einer aktuellen Studie des Unternehmens Novomind zufolge sehen immerhin 37 Prozent der Befragten in schleppender E-Mail-Bearbeitung und unakzeptablen Antwortzeiten in Zukunft ein Problem. Jede dritte E-Mail von Kunden wird derzeit nicht zufrieden stellend beantwortet, fand Novomind heraus. Um die Zufriedenheit der Kunden zu erhöhen, setzen daher immer mehr Firmen auf eine teilweise automatische Beantwortung der E-Mails. Drei von fünf Kommimikationsverantwortlichen wollen dazu in Zu- kunft in ein E-Mail-Management-System investieren. Allein in den USA sollen bis 2007 rund zwei Milliarden US-Dollar in derartige Systeme fließen.

Eine erste, automatisch erstellte E-Mail-Antwort zeigt zumindest, dass das Unternehmen die Nachricht bekommen hat, und gibt dem Kunden das Gefühl, dass seine Anfrage bearbeitet wird. Ein Beispiel für eine solche Lösung ist Responsio von der Firma inexso (siehe is report 05/04). Das System wurde in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Autonome Intelligente Systeme (AIS) entwickelt. Es „versteht" die E-Mail-Texte und ist auch in der Lage, diese nach inhaltlichen Aspekten zu klassifizieren. Darüber hinaus schlägt Responsio selbstständig geeignete Antworten vor, lernt im Laufe des Trainings dazu und versteht laut Anbieter jede Sprache.

Ein ähnliches System bietet Xtramind Technologies an. Die Lösung XM-MailMinder analysiert Kundenanfragen mithilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz, Sprachanalyse sowie OCR-Technologien (Optical Character Recognition). Im Anschluss werden die Nachrichten sortiert, priorisiert und zielgerichtet an einen Bearbeiter im Call Center weitergeleitet. Dieser erhält dann verschiedene Antwortvorschläge, die bereits mit einer Trefferwahrscheinlichkeit versehen sind.

Auch die SAP hat kürzlich ein E-Mail Response Management System vorgestellt, mit dem Unternehmen ihre eingehenden E-Mails zur Bearbeitung direkt ans Call Center weitergeben sowie automatisch personalisierte Antworten für jeden einzelnen Empfänger generieren können. Die neuen Funktionen gehören zum Lieferumfang der Kundenbeziehungsmanagement-Lösung mySAP Customer Relationship Management.


Weiterführende Links:
PDF-Download: Rezept gegen das E-Mail-Chaos